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15.06 – 26.06.

Friendly Fiendly Encounters – Malstätter Allerlei

Mit Marie Götze 

Die terrestrische Gegenwart und Zukunft spielt sich in beschädigten, verwundeten und kontaminierten Umgebungen, Körpern und Lebenssituationen ab. Unvorhersehbare, spontane Wandlungen bekannter, sich sonst stets aufs Neue reproduzierender Verhältnisse sowie ein wachsendes Bewusstsein gegenüber ungerechten, Schaden verursachenden Strukturen zwischen menschlichen und mehr-als-menschlichen Erdbewohnenden, ihren wirkmächtigen Hinterlassenschaften, Ghosts und Spuren, bereiten einen Lebensentwurf ohne sicheren, hoffnungsvollen Ausgang: Auf uns wartet „ein Leben ohne das Versprechen der Stabilität“.( Anna Tsing: Der Pilz am Ende der Welt, 2021 [2015], S. 45.)

Durch Menschliche fabrizierte und freigesetzte Substanzen sind wirkmächtige Faktoren in globalen geophysikalischen und ökologischen Zusammenhängen geworden; sie bringen eine Vielzahl an unterschiedlichsten, sich reziprok verstärkenden Anhängen, Kunststoffen, Verstrickungen und Fortsätzen mit, deren eigene Wirkmächtigkeiten und Handlungsfähigkeiten immer mehr absehbar werden und nicht mehr ignoriert werden können. Sie sammeln sich an, setzen sich fest, verstopfen Flüsse, Kanäle und Verdauungssysteme und sind in ihren Eigenschaften zum Bleiben angelegt.

Auf Seperationen und Profit basierende Produktions-, Entsorgungs-, Lebens-, Sterbens- und Austauschkontexte sorgten für vermeintlich klare Verhältnisse, für einen reibungslosen Alltag ohne zu viele Hindernisse oder Stolperfallen, mit Aussicht auf irgendeine Form von Gewinn und Zuwachs. Zunehmend wirken jedoch ausgelagerte, vergessene, abgesonderte Stofflichkeiten, Mixturen, Kritter und vielleicht auch unsichtbare, schon verstorbene Wesenheiten zurück, bilden immer mächtigere Akteur*innen, verbinden sich und agieren in anderen Körpern fort. Verschiebungen von Land- und Wassermassen, von klimatischen Verhältnissen oder von Abfällen und Verschmutzungen in von sensiblen Verbindungen und Kollaborationen getragenen Lebensräumen resultieren in artenübergreifendes Sterben, Flüchten, in unfreiwillige Wanderungen. Sie bezeugen und sorgen für ein teils zu frühes, teils zu spätes Vergehen in terrestrischen Gefilden.

Wie sich der zunehmenden Vermüllung, den gewaltsamen Aneignungen und Ausbeutungen, dem zu frühem Sterben und unserem eigenen unbewussten Mitwirken in schädlichen Zusammenhängen gewahr werden? Wie mit einem Erbe umgehen, das prinzipiell in die Unsicht- und Unspürbarkeit gebracht und von sensiblen, mitfühlenden und aufmerksamen Verbindungs- und Reflektions-Strukturen isoliert wurde?

Das Treffen und die umsichtige Kontaktaufnahme mit unbekannten, entsorgten oder unerwünschten Wesenheiten, ob Lebewesen, ihren Hinterlassenschaften, Präsenzen oder Absenzen, ist meist ein unbewusstes, weggefiltertes und nicht weiter beachtetes Unterfangen. Die Kontaktionen finden in wilden Mischungsverhältnissen wie einer vermüllten Brombeerhecke zwischen Saar, Autobahn und anderen kontaminierten Geländen, Körpern und seelischen Zuständen statt. Sie bilden die Möglichkeit und die Ausgangslage für überraschende Studien, ungewöhnliche Sammlungen und merkwürdige Entanglements.


Das Malstätter Allerlei beherbergt ein solches Treffen an unterschiedlichsten Materialien, Gegenständen, Fragmenten, Zerbrochenem und wieder Zusammengefügten, Lebhaftem und Verstorbenen. Die Friendly Fiendly Encounters hausen vom 15.06 – 26.06. in der Ludwigstraße 60.

Komm vorbei – You are Welcome to Join!


Ausstellungsplakat



Vorbereitungen in der L60



Biografisches


1988 wurde ich in Halle a.d. Saale geboren und wuchs u.a. in Naumburg, Essen, Alexandria (Virgina) und Berlin auf. Nach dem Abitur studierte ich Europäische Kunstgeschichte und klassische Archäologie an der Universität Heidelberg und der Universtat de Valencia. Neben dem Studium begann ich 2014 mit meinen ersten installativen Raum-Arbeiten. Die bei den Installationen / Environments entstehenden Splaces, temporäre Gefüge zwischen Space (Raum, All) und Place (spezifischer Ort), bereiten fiktionale Versammlungsorte für ein wildes Ensemble an Wesenheiten und Abwesenheiten.

Da die kreative Arbeit zunehmend Raum einnahm und die kunsthistorische Forschung sich nur auf weit Vergangenes reduzierte, entschied mich 2019 zum Public Art / Public Design – Studium an der HBK. Seit Oktober 2019 lebe und arbeite ich in Saarbrücken und Völklingen.

Von Landschaften getragene Erinnerungen in Form von abgenutztem Material, ruinösen Bauten und Spuren sowie durch Einschnitte geprägte Inkorporationen und seelische Verfasstheiten durchziehen thematisch neben der Frage Wo ist Zuhause? meine künstlerisch-forschende Arbeit. Zunehmend beschäftige ich mich mit textilen Verbindungen und meinem Hausmüll – besonders Plastik in Form von Tüten hat es mir angetan. Als stetige Sammlung und Spiegel meines Verbrauchs ist der Kunststoff bei mir Zuhause eingezogen. Weitere Verstrickungen werden folgen.